Juden als Religionsgemeinschaft

Autor: Wolfgang

Die Juden als Religionsgemeinschaft
und/oder Ethnie und der Zionismus

1. Die jüdische Bibel, der Tanach

Die jüdische Bibel wurde auf Alt-Hebräisch geschrieben. Es gehört zur phönizischen Makrosprache der semitischen Sprachfamilie. Die Tora wurde nach dem Jahre 500 vor Christus von jüdischen Schriftgelehrten kodifiziert. Die letzten Teile des Tanach wurden vor dem Jahre 100 vor Christus niedergeschrieben. Die jüdische Bibel beruht auf einer Vielzahl von Worten, Sprüchen, Erzählungen Dichtungen und amtlichen Dokumenten, die nach dem Jahre 900 vor Christus schriftlich fixiert und vorher über Jahrhunderte mündlich weitergegeben worden waren. Damals stand der größte Teil der Levante, der Ostküste des Mittelmeeres, unter ägyptischer Fremdherrschaft. Die jüdische Religion ist streng monotheistisch. Der Pharao Echnaton (gestorben um das Jahr 1335 vor Christus) hatte vergeblich versucht, in Ägypten den Monotheismus einzuführen.

2. Die Juden als ethnisch-religiöse Gemeinschaft

Die Juden waren ursprünglich ein Stamm der Israeliten. Ein Großteil der Israeliten war jedoch polytheistisch. Nach dem Jahre 500 vor Christus wurde „Juden“ zur allgemeinen Bezeichnung des ethnisch-religiösen Volkes. Im Tanach werden die Israeliten oft als Hebräer bezeichnet, besonders zu der Zeit, als sie noch Hirten-Nomaden waren.
Nach dem Jahre 500 vor Christus gingen die Juden allmählich vor der alt-hebräischen zur aramäischen Sprache über. Aramäisch ist ebenfalls eine semitische Sprache, es war damals die Sprache der Babylonier und die offizielle Sprache des Persischen Reiches.

3. Der Babylonische Talmud, das nachbiblische Hauptwerk des Judentums

Die Redaktion wurde nach dem Jahre 500 abgeschlossen. Er besteht aus der auf Mittel-Hebräisch geschriebenen Rechtssammlung, der Mischna, und einer auf Aramäisch verfassten, dialektischen Diskussion und Kommentierung. 2.500 Autoren verwenden 2,5 Millionen Worte. Der Talmud war seither das Fundament der der Erziehung der jüdischen Kinder und Jugendlichen und diente bis in das 18. Jahrhundert als Haupt-Enzyklopädie alles Wissens.

4. Die jüdischen Sub-Ethnien am Ende des 18. Jahrhunderts auf der Erde

Die Aschkenasim waren die absolut dominante Sub-Ethnie. Ihre Muttersprache war das germanische Jiddisch, das früher als deutscher Dialekt galt. Sie lebten hauptsächlich östlich des deutschen Sprachraumes. Die Sephardim waren die 2.-größte Sub-Ethnie, sie sprachen Ladino, das früher als ein spanischer Dialekt galt. Sie wohnten hauptsächlich im Osmanischen Reich. Hinzu kam eine Vielzahl von jüdischen Sub-Ethnien, die jeweils andere Muttersprachen hatten, insbesondere Arabisch und Persisch. In allen jüdischen Sub-Ethnien mussten die Rabbiner Hebräisch schreiben, lesen und sprechen können

5. Die erste wissenschaftlich begründete Statistik über die weltweite Anzahl der Juden

Das Meyers Konversations-Lexikon, 3. Auflage, 1876, Band 9, Leipzig, Seite 609, bezifferte sie nach den letzten Zählungen und Schätzungen auf 6,0 Millionen bis 6,5 Millionen, darunter:

2.646.806        Russland (783.079 in Kongress-Polen, 23.227 in Kaukasien, 11.400 in Sibirien)
1.375.861        Österreich-Ungarn (575.500 in Galizien, das bis 1772 zu Polen gehört hatte;)
512.160        Deutschland (Volkszählung 1871)
245.905        Europäische Türkei, Niederlande, Frankreich, Italien, Schweiz, Dänemark, Griechenland, Serbien, Schweden, Luxemburg, Norwegen;
4.780.732        Summe der gezählten Juden

6. Die Jüdische Aufklärung und die Juden-Emanzipation

Die Jüdische Aufklärung begann, ausgehend von Berlin und Königsberg, nach 1770. Ein Teil der Juden in Europa, z.B. im deutschen Sprachraum, assimilierte sich an der christlichen Bevölkerung. Die bürgerliche Umgestaltung der feudalen Ständegesellschaft führte in vielen europäischen Staaten zur rechtlichen Gleichstellung der jüdischen mit den christlichen Staatsangehörigen.

7. Der Zionismus

Im zaristischen Russland lebten um 1870 gemäß der oben erwähnten Statistik mindestens 40 % aller weltweiten Juden. Die Juden erhielten bis zum Ende des Zarismus im März 1917 nicht die rechtliche Gleichstellung mit den übrigen Staatsangehörigen. In Russland organisierten der Tiefe Staat und antisemitische Organisationen wiederholt Pogrome gegen die Juden. Ein großer Teil der Juden emigrierte aus Russland, insbesondere in die USA. Der österreichisch-ungarische Arzt Theodor Herzl begründete mit seinem 1896 in Wien und Leipzig erschienenen Buch „Der Judenstaat“ den bürgerlichen Zionismus. Er war der Hauptorganisator des 1. Zionistischen Weltkongresses vom 29.-31. August 1897 in Basel. Programmatisch wurde die Schaffung eines jüdischen Nationalstaates im arabisch besiedelten Palästina beschlossen. Die Zionisten wollten ihr Ziel zunächst durch Zusammenarbeit mit Deutschland und der Türkei, zu der Palästina damals gehörte, erreichen. Während des Ersten Weltkrieges wechselten die Zionisten die Seite, am 02. November 1917 gab der britische Außenminister Arthur Balfour eine Erklärung zur Bildung eines jüdischen Nationalstaates in Palästina ab. Während des Zweiten Weltkrieges, vom 09.-11. Mai 1942, auf dem außerordentlichen Zionistischen Weltkongress im Biltmore-Hotel in New York, wurde programmatisch beschlossen, dass das Vereinigte Königreich seine Herrschaft über Palästina an die Juden abzugeben habe. Auch die nicht-zionistischen jüdischen Organisationen in den USA nahmen diese Erklärung an.


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