Prof. Rainer Mausfeld – Egalitäres Völkerrecht oder Recht des Stärkeren: Sind wir auf dem Weg in den ewigen Krieg?

Nachbetrachtungen zur Veranstaltung in Neu Isenburg mit Rainer Mausfeld

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Mausfeld – Egalitäres Völkerrecht – Präsentation 2024 PDF

Teil I –
Das Recht als Schutzinstrument gegen Bürgerkrieg und Krieg

Krieg und Macht: Ursachen und historische Perspektiven

  • Hauptthemen:
    • Kriege als Konstante der menschlichen Geschichte, dokumentiert durch archäologische und anthropologische Beweise.
    • Philosophische Reflexionen über das „Recht des Stärkeren“ (Thukydides, Kallikles) und dessen Rolle in historischen Hegemonialpolitiken.
    • Anthropologische und soziologische Ursachen: Pleonexie, Machtstreben und wirtschaftliche Mechanismen wie Kapitalismus als treibende Kräfte.
  • Historische Beispiele:
    • Der Melierdialog (Thukydides) als Illustration der Konflikte zwischen moralischen und machtpolitischen Prinzipien.
    • Frühe philosophische Positionen zur Rechtfertigung der Herrschaft des Stärkeren.

Die menschliche Geschichte ist geprägt von Konflikten, die nicht nur auf archäologischen und anthropologischen Beweisen beruhen, sondern tief in unserer Gesellschaftsstruktur verankert sind. Kriege sind keine seltenen Ausnahmen, sondern eine Konstante in der menschlichen Geschichte, tief verwurzelt in der Dynamik von Macht und Herrschaft. Diese Dynamik spiegelt sich in den frühen philosophischen Reflexionen über das „Recht des Stärkeren“ wider, wie es etwa Thukydides im Melierdialog oder Kallikles in seiner Verteidigung natürlicher Machtstrukturen formulierte. Diese Ideen zeigen, dass Machtstreben und Pleonexie – das unersättliche Verlangen nach „mehr“ auf Kosten anderer – als grundlegende Triebfedern sozialer und politischer Konflikte wirken.

Teil II –
Rechtsverachtung und Rechtsnihilismus des Stärkeren

Das Recht als Zivilisierungsinstrument

  • Hauptthemen:
    • Entwicklung des Rechts als Mittel zur Eindämmung von Gewalt und Machtmissbrauch.
    • Beiträge von Thomas Hobbes und Immanuel Kant zur Friedenssicherung durch Rechtsstaatlichkeit und Demokratie.
    • Unterschied zwischen willkürlicher Gewalt und legitimierter Gewalt durch Gesetze.
    • Egalitäres Völkerrecht als Gegenmodell zur Hegemonialpolitik.
  • Forderungen:
    • Strikte Trennung zwischen Exekutive und Legislative zur Sicherung von Demokratie.
    • Ablehnung von Interventionen in die innere Souveränität von Staaten als Grundvoraussetzung für Frieden.

Der Übergang von der willkürlichen Gewalt zur legitimen Ordnung ist ein entscheidender Schritt der menschlichen Zivilisation. Philosophen wie Thomas Hobbes und Immanuel Kant betonen, dass das Recht nicht nur ein Mittel zur Eindämmung von Gewalt, sondern auch eine Grundlage für sozialen Frieden darstellt. Hobbes argumentierte, dass nur durch verbindliche Gesetze und eine vertraglich legitimierte Autorität die Konflikte zwischen Menschen und Staaten gelöst werden können. Kant fügte hinzu, dass nur demokratische Systeme, die die Willensbildung der gesellschaftlichen Basis respektieren, einen nachhaltigen Frieden sichern können.

Das Recht ist dabei ein Ausdruck gesellschaftlicher Selbstbestimmung, das Machtfragen und Gerechtigkeit miteinander in Einklang bringen soll. Jedoch sind Eingriffe in die Souveränität anderer Staaten, wie sie oft von Hegemonialmächten praktiziert werden, ein Bruch mit diesen Prinzipien. Kant und die UN-Charta mahnen gleichermaßen, dass Frieden nur durch die Achtung der Selbstbestimmung aller Staaten erreicht werden kann.

Teil III –
Frieden durch Recht – egalitäres Völkerrecht oder ewiger Krieg?

Moderne Hegemonie und die Krise des modernen Völkerrechts

  • Hauptthemen:
    • USA und NATO als zentrale Akteure der hegemonialen Weltordnung.
    • Kritik an der „regelbasierten internationalen Ordnung“, die oft zur Verschleierung hegemonialer Interessen dient.
    • Historische und aktuelle Beispiele von Völkerrechtsbrüchen (z. B. militärische Interventionen, Vertragsbrüche).
    • Zunahme der „Flexibilisierung“ des Völkerrechts, die dessen ursprünglichen Geist aushöhlt.
  • Schlussfolgerungen:
    • Gefahr eines „ewigen Kriegs“ durch die Dominanz der Hegemonialmächte.
    • Notwendigkeit eines egalitären Ansatzes zur Förderung globaler Gerechtigkeit und Stabilität.

Die heutige Weltordnung steht jedoch in einem Spannungsverhältnis zwischen idealen Rechtsprinzipien und hegemonialer Machtpolitik. Besonders die USA und ihre Verbündeten beanspruchen eine führende Rolle in der sogenannten „regelbasierten internationalen Ordnung“. Diese Regeln scheinen jedoch flexibel interpretiert zu werden, um hegemoniale Interessen zu schützen. Beispiele sind die zahlreichen militärischen Interventionen der USA seit dem Zweiten Weltkrieg, die oft unter dem Vorwand des Schutzes von Demokratie und Menschenrechten durchgeführt wurden, aber grundlegende Prinzipien des Völkerrechts verletzen.

Diese Praxis hat dazu geführt, dass das Völkerrecht zunehmend entkernt wird. Die Flexibilisierung von Regeln und die moralistische Rechtfertigung von Gewalt führen zu einer Entzivilisierung internationaler Beziehungen. Dies zeigt sich auch in der Dominanz militärischer Logiken, die Staaten wie Israel oder die NATO in ihrer Außenpolitik prägen.

Schlussfolgerung

Der Weg zu einem echten globalen Frieden kann nicht über das „Recht des Stärkeren“ führen, sondern erfordert ein egalitäres Völkerrecht, das die Souveränität und Selbstbestimmung aller Staaten respektiert. Die Zivilisierung von Konflikten durch das Recht bleibt die größte Herausforderung unserer Zeit. Ohne eine Rückbesinnung auf diese Prinzipien droht die Welt in einen Zustand des „ewigen Kriegs“ abzugleiten, der nicht nur Nationen, sondern die Menschheit als Ganzes gefährdet.

 

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